In diesem Blogpost steht nicht die klassische Persona aus dem Bereich der User Experience im Fokus, sondern vielmehr der menschliche Aspekt und die Art und Weise, wie die Darstellung von Charakteren in der visuellen Kommunikation wirkt.

Die Bedeutung der Vielfalt verstehen

Oft verstärken Personas Stereotypen. Um dem entgegenzuwirken und Klischees zu durchbrechen, erfordert die Charakterentwicklung ein tiefgreifendes Verständnis für den Menschen und seine Wirkung auf andere, um eine positive Identifikation mit der Botschaft zu ermöglichen.

Als Pixelzauberer habe ich in einer Arbeitsgruppe des Gisler Protokolls mitgeholfen, ein Whitepaper zu erstellen, das Menschen in der Kommunikation dabei unterstützt, non-stereotype Personas zu entwickeln.


Wozu dienen Personas eigentlich?

😌 Sie ermöglichen ein besseres Verständnis für Nutzer/Kund:innen

🥸 Sie bieten eine Hilfe zur Einordnung für Situationen und Produkte

Sie ermöglichen eine (schnelle) Identifikation, zeigen (nachvollziehbare) Rollenmodelle und ermöglichen (im besten Fall) eine Auseinandersetzung. In der Werbung werden Personas zudem mit einem Szenario/Weltbild verknüpft («Worldbuilding»)


«Personas müssen Stereotypen sein»

🤔 Weshalb werden Personas meist als Stereotypen angelegt?

🧐 Stereotype Personas begünstigen ein schnelles Erfassen der Situation mit kleinstem kognitiven Aufwand – sie vereinfachen die Wahrnehmung einer Person/Szene


Die automatische Wahrnehmung

Automatische Wahrnehmung beeinflusst das Urteil über eine Szene/Person und führt zu (unbewusst) diskriminierendem Verhalten.

  • Die automatische Wahrnehmung ermöglicht aber ein automatisches Verarbeiten von Szene/Person, Konsument:innen wenden ihre verinnerlichten, gesellschaftlichen «Default-Kategorien» an.

 

Erst eine aufmerksame, bewusste Verarbeitung macht eine Stereotypen-Wahrnehmung unwahrscheinlich. Nutzer:innen/Kund:innen die Motivation mitbringen, sich mit der Persona/Situation bewusst auseinanderzusetzen, können die Stereotype aushebeln.

Ob Nutzer:innen/Kund:innen diese Möglichkeit und Fähigkeit haben, wissen wir nicht.


Aufmerksamkeitsökonomie

Medienschaffende stehen heute unter grösstem Druck, ihre Inhalte in kurzer Zeit prägnant und erfolgreich an die Nutzer:innen/Kund:innen zu bringen.

  • Ist das Thema/Produkt schnell fassbar?
  • Hat das Thema für Nutzer:innen/Kund:innen eine Relevanz?
  • Besteht der bewusste Wunsch, der Situation ohne Vorurteil entgegenzutreten?

Personas ohne Stereotypen schaffen

Jeder Mensch definiert sich und andere über seine soziale Identität über Zugehörigkeit und Identifikation (hier spielt auch die Geschlechterrolle eine grosse Rolle).

👵 Eigengruppe: «Bei diesen Menschen fühle ich mich wohl»

👨‍🎤 Fremdgruppe «Wer sind die anderen, die ich nicht mag?»

Jeder Mensch nimmt eine Persona anders wahr weil er sie automatisch in die Fremd- oder Eigengruppe einteilt: «Die Persona wirkt auf den Betrachter als…»

  • Kein Mensch ist eine Insel: Die Persona steht nie alleine sondern ist immer in eine Situation eingebunden
  • Das Geschlecht der Person beeinflusst die Beurteilung der Persona: Eigenschaften die männlich sind werden bei Frauen als negativ bewertet und vice versa.

 

😕 Menschen können nur wenn sie das ganz bewusst wollen Situationen und Personas neutral beurteilen!

😕 Wer wenig über soziale Strukturen, Milieus und Lebensformen weiss, behilft sich immer mit Stereotypen.

 


Personas und Werbung: Ein schwieriges Verhältnis

Werbewirklichkeiten setzen sehr stark auf eine schnelle Identifizierung der gezeigten Protagonist:innen oder Produkte. Bedingt durch die Aufmerksamkeitsökonomie ist die Fähigkeit der Produzent:innen, komplexere Charaktere oder Situationen in wenig Zeit darzustellen, stark gefordert.

  • In kurzer Zeit werden schnell Lager von Spieler:innen und Gegenspieler:innen gebildet oder Situationen eindimensional dargestellt, damit die Geschichte schnell erfasst werden kann («Gut/Böse»)
  • Menschen werden anhand visueller Erscheinung (Tattoos, Bart, gestärktes Hemd etc.) als einer Gruppe zugehörig gebrandet. Sie werden anbiedernd gestaltet.

Identifikation mit der Persona

Eine Non-stereotype Persona erfordert einen Zugang über die Identifikation mit der gezeigten Person/Szene

♥️ Eine Sympathie für eine Person/Szene zu ermöglichen, sollte beinhalten, den Counterpart nicht negativ (Abschätzig) aber auch nicht neutral (Emotionslos) darzustellen

🥰 Wir müssen eine Vergleichsdimension/Umfeld schaffen, die das Andere nicht negativ darstellt.

🥴 Wir dürfen Menschen nicht mithilfe fehlender Kompetenz oder Empathie negativ beeinflussen.

Im Idealfall hilft die Persona dass man sich auf eine Geschichte einlässt: Sie etabliert ein Verständnis für die Situation und die gezeigten Menschen und deren sozialen Verhältnisse.


diversityMehr über den Menschen wissen wollen

Um eine non-stereotype Persona zu erstellen muss man sich mit dem Menschen oder der Situation bewusst auseinandersetzen (Research).

Wer ist dieser Mensch?

  • Wie ist die Backstory des Menschen?
  • Wie verhält sich die Person in dieser Situation, in ähnlichen Situationen oder in anderen Situationen?
  • Wie ist das Umfeld der Person, wie sind die sozialen Kontakte ausgestaltet?

 

Man sollte sich auch zwingend in die soziale Interaktion mit anderen Menschen hineinversetzen. Beim Schaffen der Persona soll man sich im Menschen spiegeln um ein Gefühl für Werthaltungen zu bekommen:

  • Wie verhält sich der Mensch in ähnlichen Situationen?

Das «passende Mass an Individualität»

Das schwierige bei der non-stereotypen Persona ist es, ihr grösstmögliche Individualität mitzugeben, aber sie nicht zu komplex für die Möglichkeit der automatische Wahrnehmung zu gestalten.

  • Die Persona soll aus allen Milieus und Blickwinkeln betrachtet werden. Eine eingehende Befassung mit dem Milieu/Umfeld führt automatisch zu mehr Qualität der Persona.
  • Beim Erstellen der non-stereotypen Persona muss man ein Maximum an Empathie entwickeln damit man eine glaubhafte und komplexe Persona entwickeln kann.
  • Man soll sich jederzeit challengen lassen um sicherzustellen dass man nicht selber mit Klischees arbeitet um die Persona zu stärken.

 

 🌈 Die Persona soll eine Einladung sein, sich mit ihr auseinanderzusetzen und ihr mit einer positiven und wohlwollenden Haltung zu begegnen.


Die präsentierten Konzepte wurden im Rahmen einer Arbeitsgruppe des Gislerprotokolls erarbeitet. Dieser Verein engagiert sich für die vielfältige Darstellung von Geschlechtern in Kommunikation, Marketing und Werbung.